In diesem Gastbeitrag berichtet Gitanjali More, Mutter eines kleinen Mädchens und Gründerin von The Confused Mother, von ihren Erfahrungen als indische Mutter in Deutschland und vergleicht diese mit ihrem Heimatland.
Gitanjali hilft internationalen Eltern in Berlin, die Bürokratie rund um Elterngeld, Kindergeld usw. zu verstehen und nach der Elternzeit wieder in den Beruf einzusteigen oder einen neuen Job zu finden.
Das sind ihre Erfahrungen:
Als ich in Deutschland Mutter wurde, war mir nicht klar, wie sehr es sich von den Erfahrungen in Indien unterscheiden würde. Es war verwirrend und überwältigend, obwohl ich fließend Deutsch spreche. Ich höre von den meisten internationalen Eltern, mit denen ich spreche, dass sie ebenso verwirrt sind, nicht nur wegen der Sprache, sondern auch, weil die Dinge hier einfach anders laufen und die verfügbaren Informationen nicht so leicht zu verstehen sind.
Aber um all diese Dienstleistungen in Anspruch nehmen zu können, muss man natürlich wissen, dass es sie gibt, und dann muss man sie beantragen, und damit haben die meisten Eltern Schwierigkeiten. Man muss verstehen, welche Formulare man ausfüllen muss, welche anderen Dokumente man braucht, was übersetzt werden muss und so weiter.
Wir haben selbst viel recherchiert und mit anderen Eltern gesprochen, aber erst im Nachhinein ist mir klar geworden, dass wir unser Elterngeld und unsere Elternzeit noch mehr hätten optimieren können, als wir es getan haben.
Deshalb möchte ich in diesem Blog-Beitrag einige der Leistungen vorstellen, für die ich in Deutschland dankbar bin und die ich als frischgebackene Mutter in Indien nicht gehabt hätte.
1. Unterstützung in der Schwangerschaft und nach der Geburt
In Deutschland haben werdende Mütter so viele Möglichkeiten, sich untersuchen zu lassen, um sicherzustellen, dass ihr Baby und sie selbst gut versorgt sind. Fast alle Untersuchungen sind freiwillig und die Eltern können wählen, welche sie in Anspruch nehmen möchten. Der pränatalen Betreuung wird große Bedeutung beigemessen, so dass regelmäßige Untersuchungen und Beratung während der gesamten Schwangerschaft gewährleistet sind.
In Indien ist der Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Schwangerschaftsvorsorge oft eingeschränkt, vor allem in ländlichen Gebieten, wo Mütter nur ins Krankenhaus gehen, wenn die Wehen einsetzen, was zu schweren Komplikationen führen kann. In den Städten gehen die Menschen für Vorsorgeuntersuchungen meist in private Krankenhäuser, was sehr teuer werden kann. Nur ein kleiner Prozentsatz der Menschen kann sich eine Krankenversicherung leisten und dies ist in der Regel mit hohen Selbstbeteiligungen verbunden.
In Deutschland kann man auch während der Schwangerschaft das Geschlecht des Babys herausfinden, eine Praxis, die in Indien gesetzlich verboten ist, um Frauenfetizid zu verhindern. Wir haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, damit wir die Kleidung für das Baby einkaufen und uns schon vorher Namen überlegen konnten!
Wenn man in Indien ein Baby bekommt, werden die werdenden Mütter von den anderen Müttern in ihrer Familie unterstützt, die ihnen zeigen, wie sie ihr Baby versorgen können. Das bietet den jungen Müttern Gemeinschaft und Nähe in der Familie mit der Möglichkeit, Fragen zu stellen und Erfahrungen auszutauschen.
Natürlich ist das auch in Deutschland möglich, aber man kann sich auch professionelle Unterstützung durch eine Hebamme holen, deren Kosten von der Krankenkasse übernommen werden. Für jemanden wie mich, der nicht viel über deutsche Gepflogenheiten weiß und wie die Dinge hier funktionieren, war das sehr nützlich.
Ich erinnere mich, dass ich mir einen Babyschlafsack ansah und mich fragte, was das ist und ob ich ihn brauche! In Indien, wo ich herkomme, hatten wir als Kinder keine, weil es immer zu warm war.
Die Familienzentren bieten viele kostenlose Kurse über Babymassage und Stillen an, die allen Mitgliedern der Gemeinde offen stehen. Ich habe zu spät davon erfahren, aber als wir anfingen, zu den Spielgruppen zu gehen, sah ich viele Mütter mit ihren Babys, die dort die Hilfe bekamen, die sie brauchten. Du kannst beispielsweise viele Berliner Familienzentren auf dieser Karte finden und vorbeischauen, um neue Freunde und Aktivitäten für dein Kind zu finden.
2. Finanzielle Vorteile für Eltern und Kinder
Ich war so positiv überrascht, als ich zum ersten Mal hörte, wie viel Elternzeit meinem Mann und mir zusteht, und beschloss, dass ich dieses Privileg voll ausschöpfen werde.
In Deutschland können beide Elternteile insgesamt 14 Monate Basiselterngeld beziehen, und wenn sie diese Zeit zusammen mit einer Teilzeitbeschäftigung wie im Falle von ElterngeldPlus oder Partnerschaftsbonus aufteilen, kann dieser Zeitraum um einige Monate verlängert werden.
Ein häufiges Missverständnis unter frischgebackenen Eltern ist, dass man nur „bezahlte Elternzeit“ bekommen kann, während man in Wirklichkeit viel länger Elternzeit nehman kann als man Elterngeld erhält. Ein weiteres Missverständnis bezieht sich darauf, wie viel Elterngeld und Elternzeit der Partner beziehen kann. In Deutschland werden die zwei zusätzlichen Monate, die beide Elternteile zusammen bekommen können, im Allgemeinen als „Partnermonate“ bezeichnet, was den Eindruck erweckt, dass der Partner nur zwei Monate bekommen kann, obwohl die 14 Monate in Wirklichkeit zwischen beiden Elternteilen aufgeteilt werden können, wie sie wollen.
Ein weiterer finanzieller Vorteil, den ich als Mutter in Indien nicht hätte, ist das Kindergeld, das 250 € pro Monat und Kind beträgt, bis sie erwachsen sind. Dies ist eine wertvolle Ergänzung des Familienbudgets und dient dazu, einige grundlegende Lebenshaltungskosten des Kindes zu decken.
3. Work-Life-Balance
Viele Eltern, die nach der Elternzeit wieder in den Beruf zurückkehren, tun dies in Teilzeit, damit sie auch Zeit haben, ihr Familienleben zu managen. Work-Life-Balance ist in Deutschland mit Fern- und Teilzeitjobs und auch mit der oben erwähnten Kombination aus Elterngeld und Teilzeit-Elternzeit möglich.
Die soziale Infrastruktur in Deutschland, einschließlich der Kinderbetreuungseinrichtungen (Kita und Tagesmutter), ist gut ausgebaut. Die Kindertagesbetreuung ist hoch subventioniert. Dieses Unterstützungsnetz stellt sicher, dass die Mütter die Unterstützung erhalten, die sie brauchen (obwohl es in vielen deutschen Großstädten schwierig sein kann, den ersten Betreuungsplatz zu bekommen).
In Indien ist die soziale Infrastruktur sehr unterschiedlich, wobei städtische Gebiete im Vergleich zu ländlichen Regionen mehr Unterstützung bieten. Die meisten Familien sind immer noch auf Großeltern oder Kindermädchen angewiesen, die sich um ihre Kinder kümmern.
In Indien müssen die meisten Mütter wieder Vollzeit arbeiten und können dies nur tun, wenn sie von Kindermädchen, Großeltern oder anderen Verwandten unterstützt werden. Andernfalls können sie erst dann wieder arbeiten, wenn ihr Kind eine ganztägige Kinderbetreuung beginnt. Aus diesem Grund entscheiden sich viele indische Mütter für eine Vollzeitbeschäftigung, wenn sie es sich leisten können.
4. Öffentliche Infrastruktur
In Indien gibt es in Cafés und Restaurants keine Wickeltische. Öffentliche Plätze wie Gehwege und Parks sind nicht für Kinderwagen geeignet, und auch Spielplätze gibt es nur wenige.
Da ich in Berlin-Mitte lebe, bin ich immer dankbar für die Grünflächen, Parks, Seen und den Landwehrkanal. Streichelzoos und Bauernhöfe sind ebenfalls eine gute Möglichkeit, Stadtkindern die Natur, Tiere und frische Luft näher zu bringen. Bei schönem Wetter erkunden wir diese gerne. An kalten und regnerischen Tagen nutzen wir die vielen Indoor-Spielplätze und Cafés mit Kinderecken.
Öffentliche Plätze wie Bürgersteige und Parks sind nicht für Kinderwagen geeignet, und auch Spielplätze gibt es nur wenige. Die meisten Eltern in indischen Städten müssen ins Einkaufszentrum oder auf die sehr überfüllten Spielplätze gehen, und es gibt keine Wickeltische oder privaten Bereiche zum Füttern. Die Art und Weise, wie ich aufgewachsen bin (Spielen auf der Straße und Herumspringen auf Felsen und auf Feldern), gibt es nicht mehr.
5. Gebrauchte Kindersachen
Im Sinne der Nachhaltigkeit kaufe ich fast alles für meine Tochter gebraucht, entweder auf Online-Marktplätzen oder auf Flohmärkten. Es ist so einfach, Kleidung zu besorgen, denn kleine Kinder brauchen eine Menge davon und wachsen so schnell, dass man ständig neue Größen braucht! In Berlin ist das nicht negativ behaftet, ich habe sogar das Gefühl, dass es gefördert wird.
In Indien wollen die meisten städtischen Eltern neue Kleidung und Spielzeug kaufen. Die Kultur des Secondhand-Hand- Kaufs entwickelt sich gerade erst.
Mutter zu sein ist eine aufregende und überwältigende Erfahrung, erst recht, wenn man es in einem anderen Land und mit einer anderen Muttersprache ist. Aber wenn man die vielen Unterstützungsmöglichkeiten nutzt, die Eltern hier in Deutschland zur Verfügung stehen, kann man sich die Last erleichtern.
Als ich feststellte, dass viele Eltern viele dieser Leistungen nicht kennen oder nicht wissen, wie sie sie in Anspruch nehmen können, weil ihnen das Bewusstsein dafür fehlt oder sie die deutsche Sprache nicht beherrschen, kam mir die Idee, Eltern dabei zu helfen, Zugang zu diesen Leistungen zu erhalten und ihre Vorteile zu maximieren.
Danke, Gitanjali, für diesen Beitrag!
Erfahre mehr über Gitanjalis Angebot, das Unterstützung beim Elterngeld, Kindergeld und Jobcoaching für Eltern umfasst, auf der Website The Confused Mother.