Es gibt so viele verschiedene Informationen, Marken und Modelle zum Thema Babytragen, daher freuen wir uns, dass Dörte Hacker in diesem Artikel ihr Know-How zum Thema Babytragen und Tücher mit uns teilt.
Dörte ist Mutter von zwei Kindern, händlerunabhängige Trageberaterin und Physiotherapeutin in Berlin Friedrichshain. Da ihr selbst das Tragen so viel Spaß machte und Vorteile in der Stadt verschaffte, wollte sie unbedingt mehr wissen und andere Eltern dafür begeistern und begleiten.
Nach der Geburt ihres zweiten Kindes machte sie also die Ausbildung zur Trageberaterin. Ihr physiotherapeutischer Hintergrund und das Thema Tragen ergänzen sich für sie prima, sodass sie ganz individuell beratend tätig sein kann. Der Kinderwagen kam bei ihr übrigens nur selten zum Einsatz ;)
Für wen ist das Babytragen geeignet?
Für alle, für die es sich richtig und stimmig anfühlt. Nicht jede Familie braucht eine Trage, es hängt davon ab, was die Familie für einen Alltag hat und ob die Eltern tragen möchten. Das Tragen eignet sich zum Beispiel gut für die folgenden Szenarien:
Ihr wohnt im oberen Stockwerk eines Mietshauses und hättet ohne Trage den Einkauf in der einen, das andere Kind an der anderen Hand.
Kleinere Haushaltsaufgaben erledigen sich mühelos mit Kind in der Trage.
Ein größeres Kind wird zur Kita oder Schule gebracht. Dafür müsste der Kinderwagen erst runtergetragen und zusammengebaut werden. Die Trage bringt schnelle Abhilfe.
Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und das Bewegen auf den Straßen ist mit Trage mobiler, da ein Wagen Platz braucht bzw. Familien darauf angewiesen sind, dass es z.B. an U-Bahnhöfen einen Fahrstuhl gibt – und dieser auch funktioniert.
Ab wann können Eltern mit dem Tragen beginnen?
Ein Baby kann ab dem Tag der Geburt getragen werden, sofern Mama und Baby keine körperlichen Einschränkungen haben, die das Tragen beeinträchtigen.
Wenn es möglich ist, dass die Mama nach der Geburt eine Erholungsphase haben kann, ist das prima. Im Idealfall wird 6 Wochen gewartet, bis mit dem Tragen begonnen wird. Allerdings ist dies nicht in allen Fällen und Familien realistisch, daher höre auf dein Bauchgefühl.
Welche groben Arten von Babytragen gibt es?
Es gibt grob drei Arten von Tragen:
Tücher (Wraps) - Komplett zu binden
Halbschnallentragen (Half-buckle) - Bauchgurt mit Schnalle, Träger zum Binden
Vollschnallentragen (Full-buckle) - Bauchgurt und Träger mit Schnalle
Von Geburt an kann ich das Tragen mit dem Tuch empfehlen, da es sich gut an Baby und Eltern anpasst. Allerdings benötigt es zu Anfang etwas Übung und Geduld, um die Bindetechnik zu meistern (eine Trageberatung oder Hilfe von der Hebamme können hier zu Anfang gut unterstützen). Wenn die Eltern daher schon beim Anblick von Tüchern ein Gefühl von Überforderung oder Genervtheit verspüren (“das geht gar nicht!”), dann geht eben auch von Anfang an eine Trage.
Ob Half-Buckle oder Full-Buckle hängt davon ab, wie sicher sich die Eltern damit fühlen – für einige fühlt sich eine Schnalle sicherer an als ein Knoten. Es ist also hier auch wieder ganz individuell.
Wann ist ein guter Zeitpunkt für eine Trageberatung und die Kaufentscheidung?
Die Zeit der Schwangerschaft kann genutzt werden, um sich mit unterschiedlichen Tragesystemen zu beschäftigen: was könnte zu unserem Alltag passen, was spricht uns an, was nicht? Um sich zu informieren, kann eine Beratung sinnvoll sein, ebenso Empfehlungen von Freunden und Bekannten.
Die Produktentscheidung empfehle ich nach der Geburt, da dann erst klar ist, ob überhaupt getragen werden kann, wie groß das Baby ist und wie sich der aktuelle Alltag gestaltet.
Wie läuft eine Trageberatung bei dir ab?
Ich komme mit einigen Tragesystemen zu euch nach Hause und wir schauen gemeinsam, was für euch am besten passt. Dann üben wir praktisch (erst mit Puppe, dann mit Baby) die jeweilige Bindetechnik, sodass ihr am Ende der Beratung sicher im Umgang mit dem Tragesystem seid.
Inhaltlich wie oben beschrieben kann auch eine Gruppenberatung stattfinden. Je nachdem, was für euch in der neuen Lebenssituation am besten passt.
Was ist, wenn wir oder das Baby das Tragen nicht mögen?
Dann tragt ihr nicht. Ein Tragesystem ist nicht für alle gleichermaßen passend. Manche lieben und wollen einen Kinderwagen, manche ein Tragesystem, manche beides. Ihr als Eltern seid die Experten, auch darin kann ich beratend unterstützen.
Tragen soll kein Hype sein, den alle mitmachen. Tragen darf Spaß machen und zu eurem Alltag passen.
Welche No-Gos gibt es beim Tragen? Es kommen immer wieder Fragen auf zu bestimmten Marken oder Trageweisen…
Mir fallen da zwei bestimmte Szenarien ein:
Erstens, die Tragerichtung – nach innen oder außen gerichtet. Und zweitens die Unterstützung der Spreizhaltung der Hüfte des Babys.
Was die Tragerichtung angeht, empfehle ich für gesunde Kinder immer die Tragerichtung nach innen (Bauch an Bauch). Der Grund dafür ist, dass den Kleinen eine Unmenge an Inputs entgegenkommen, vor denen sie sich in der nach außen gerichteten Tragehaltung nicht schützen oder bei den Eltern verstecken können. Ebenso fällt es ihnen schwer, in dieser Haltung einzuschlafen, auch wenn sie sich sehr müde fühlen.
Wenn die Eltern allerdings das Gefühl haben, dass ihr Kind gerne mehr sehen möchte, dann ist es vielleicht an der Zeit, mit dem Rückentragen zu beginnen.
Gehen wir jedoch von einem Baby mit Besonderheiten aus, kann es für sie je nach medizinischer (neurologischer) Ursache sogar wichtig sein, für einige Zeit am Tag nach außen getragen zu werden.
Was das zweite Szenario angeht, sollte die Trage immer die Spreizung der Hüfte des Babys unterstützen. Sollte sie das nicht tun, sollten die Füße des Babys unterstützt werden.
Welche Informationen sind zum Thema Babytragen noch hilfreich für (werdende) Eltern?
Ich empfehle, sich nicht mit allzu vielen Informationen voll zu schütten, da es meist zu noch mehr Verwirrung führt. Eine der wichtigsten Fragen vorab könnte sein, möchte ich/möchten wir überhaupt tragen? Passt das zu uns? Wenn ja, informiere dich weiter.
Wenn nein, beschäftige dich nicht weiter mit dem Thema. Es kann auch sein, dass es erst ein Nein zum Tragen gibt und ihr einen Kinderwagen nehmt und das Tragen Wochen oder Monate später doch probieren wollt. Alles ist erlaubt, alles ist richtig und alles kommt zu gegebener Zeit.
Vielen Dank liebe Dörte für diese wertvollen Tipps!
